Das ich mal aus einem Mama-Blog zitieren würde, hätte ich zwar nicht gedacht, zeigt jedoch, dass auch bei Frauen und Müttern natürlich ein Gespür für übelsten Kindesmißbrauch in Trennungssituationen vorhanden ist. Lediglich muss bemerkt werden, dass die Autorin sich nicht bewusst über die (familienrechtlichen) Hintergründe und den damit verbundenen Schicksalen vollumfänglich bewusst ist. Das kann ihr aber auch nicht vorgeworfen werden, da sie als evtl. nicht Betroffene sich bislang nicht damit beschäftigen musste.
Ansonsten sollte man diesen Artikel schlicht auf sich wirken lassen…. Manche sollen schon nach ein paar Sätzen abgebrochen haben…
Vergangenes Wochenende saß ich mit meiner kleinen Tochter am Rhein. Wir waren froh um unser schattiges Plätzchen auf den Treppen und teilten uns eine kleine Pommes – das leider aufregendste, was das „Street Food Festival“ im Kölner Rheinauhafen zu bieten hatte. Neben uns nahm eine andere Mama auf der Treppe Platz, sie hatte eine Tochter dabei. Weil sie es später immer wieder erwähnte, weiß ich den Namen des Kindes und ihr Alter. Ich nenne sie hier jetzt mal Anna. Anna war zehn Jahre alt.
Aufgebracht und voller Zorn und Wut nahm die Mutter also Platz, während sich das kleine Mädchen, Anna, unter starken Tränen neben die Mama saß und immer wieder versuchte, sie zu beruhigen und zu berühren. „Hau ab, Anna!“ fauchte die Mutter: „Alles hast du mir versaut! Den ganzen Tag hast du mir mit deiner scheiß Laune versaut. Ich hab mich so auf heute gefreut. Aber nein, du hast wieder so eine scheiß Laune!“ Das Mädchen, Anna, weint bitterlich: „Nein Mama, ich habe keine schlechte Laune, es tut mir leid, ich wollte das nicht, bitte lass uns zum Dom gehen.“ Die Mutter nun lauter: „Jaja, ich kann dir wohl nichts bieten, was? Aber ich versuche es und was ist der Dank? Immer diese scheiß Laune! Vermisst wohl deinen Vater was? Ja? Vermisst du den oder was??? Hä??“ Das Mädchen weint noch doller, ihre Augen sind vor lauter Tränen geschwollen. Eine weitere Frau setzt sich neben uns auf die Stufen. Auch sie schaut sich die Situation zunächst sprachlos an. Ich umarme meine kleine Tochter und versuche, den Moment mit meinem Kind zu genießen. Doch ich empfinde so viel Groll aber auch Traurigkeit gegen diese Frau, so dass ich völlig überfordert bin. Am liebsten möchte ich hingehen, und ihr sagen, dass sie aufhören soll, ihr Kind so runterzumachen. Kann ich das? Darf ich das? Wie mach ich das? Ich bleibe sitzen und überlege mir Formulierungen. Gehe ich hin und lasse meine Tochter allein bei ihren Pommes sitzen? Was genau sage ich? Kann ich die Situation entschärfen, obwohl ich so wütend auf diese fremde Mutter bin? Es geht weiter und weiter, die Mutter steigert sich immer mehr rein, obwohl sie immer nur das gleiche zu sagen hat. Am Ende bleibt ein trauriges Szenario. Eine Mutter, die im Monolog minutenlang auf ihre Tochter einschimpft und ihr für alles die Schuld gibt. Ein kleines Mädchen, Anna, zehn Jahre, die um die Nähe ihrer Mama bettelt, immer wieder ihre Hand nimmt, diese entrissen bekommt und angefaucht wird. „Zehn Jahre alt bist du“, schreit die Mutter jetzt. „Zehn Jahre! Verwöhnt bist du! Und mit deiner scheiß schlechten Laune hast du alles vermiest! Immer machst du alles kaputt! Immer! Du bist so ein scheiß Kind!“ „Aber Mama, ich habe gar keine schlechte Laune“, sagt das Mädchen wieder ganz ganz leise und will ihre Mama in den Arm nehmen. Das Mädchen weint und weint und weint. „Tssss“, kontert die Mutter, schiebt den Arm des Kindes weg und wendet sich wieder ab. Die ganze Situation dauert etwa 15 Minuten, mir kommt es viel viel länger vor. Die Frau, die sich schließlich später noch dazu gesetzt hatte, geht auf die Mutter zu und greift ein. Diese fremde Frau flüstert der Mutter etwas ins Ohr. Dann ruft die Mutter der Frau hinterher: „Die ist halt verwöhnt“. Und schnauzt dann ihr Kind an: „Du gehst heute nicht mehr zum Dom! Mit deiner scheiß Laune hast du alles vermiest, du gehst ins Auto und wartest da! ALLEINE! Dann kannst du dein scheiß Handy laden und deinem Vater schreiben!“ Und das Kind: „Aber Mama, ich will nicht alleine ins Auto gehen. Ich weiß doch gar nicht, wie ich da hinkomme.“ Die Mutter läuft weg, das Mädchen geht ihr hinterher. Sie kommen nur langsam voran, immer wieder dreht sich die Frau um, um ihr Kind zu beschimpfen. Sie bemerkt überhaupt nicht, dass sie viel zu weit gegangen ist. Dass sie diejenige ist, die die ganze Situation zur Eskalation gebracht hat – nicht das Kind. Dass sie ihre Tochter in jedem Satz abgelehnt hat. Ich sitze da mit meiner kleinen Tochter und ich ärgere mich ob meiner Feigheit. Minutenlang habe ich gedanklich Sätze hin- und hergewälzt, die ich der Mutter sagen könnte. Ich kann es mir nicht verzeihen, dass ich nicht eingeschritten bin. Dass ich zugelassen habe dass diese Mutter minutenlang ihr Kind psychisch in die Ecke drängt. Mit jedem Satz, mit jedem Wort spürte und hörte ich natürlich, dass es eigentlich gar nicht um die Tochter geht. Dass diese Mutter in ihrer Lebenssituation verzweifelt und unzufrieden ist. Und das sie das eigentliche Problem ist, nicht das Kind. Ich spreche mit einer befreundeten Psychologin über die Situation. Sie entlastet mich ein wenig, weil sie Situationen wie diese jeden Tag in ihrer Praxis erlebt. Hätte ich die Mutter mit all meiner Wut vor dem Kind konfrontiert, hätte ich die Mutter bloß gestellt – ergo hätte sie ihrem Kind noch mehr Schuld aufgebürdet. Nach dem Motto: „Siehst du, was du angerichtet hast!“ Dennoch denke ich: Ich habe falsch reagiert, weil ich nicht reagiert habe. Ich habe gegen mein Naturell gehandelt, einfach meine Meinung zu sagen. Ich habe mich rausgehalten und war feige. Das tut mir dem Kind gegenüber sehr sehr Leid. Jetzt im Nachhinein, mit klarerem Kopf, denke ich: Vielleicht hätte ich der Mutter und ihrer Tochter einfach auch eine Pommes schenken sollen – „teilt sie euch und habt euch lieb“. Das ist mir in der Situation aber nicht eingefallen. Es hätte aber funktionieren können. Dass ich jedoch nichts getan habe, ist nicht zu entschuldigen. |